„Pain Hustlers“ auf Netflix: Die Entschleierung einer erschütternden Opioid-Krise
In einer Welt, die bereits von Geschichten über die Opioid-Krise in den USA durchdrungen ist, bringt Netflix mit „Pain Hustlers“ ein weiteres düsteres Kapitel der amerikanischen Realität auf die Bildschirme. Diesmal wirft die Serie ein Schlaglicht auf die Machenschaften von Insys Therapeutics, anstatt dem bekannten Pharmariesen Purdue, der in vorherigen Produktionen wie „Painkiller,“ „Der Untergang des Hauses Usher,“ und „Dopesick“ im Mittelpunkt stand. Falls der Fall Insys Therapeutics noch unbekannt ist, keine Sorge, denn die Serie gibt nicht allzu viele Einblicke. Deshalb werden hier die Hintergründe von „Pain Hustlers“ auf Netflix ausführlich beleuchtet.
Bitte beachten Sie: Da es sich um eine wahre Geschichte handelt, enthält dieser Artikel Spoiler für „Pain Hustlers“ auf Netflix.
Worum geht es in „Pain Hustlers“ auf Netflix?
Der Netflix-Film „Pain Hustlers“ konzentriert sich in erster Linie auf die Figur Liza Drake, gespielt von Emily Blunt. Liza wird als einfache Arbeiterin und alleinerziehende Mutter porträtiert, die verzweifelt versucht, sich und ihre kranke Tochter über Wasser zu halten. In ihrer Verzweiflung nimmt sie einen Job bei einem zwielichtigen Pharma-Start-up an, das Medikamente auf der Basis von Fentanyl entwickelt, einem der stärksten Opioide überhaupt. Ihr Produkt, Lonafen, soll die Leiden von Krebspatienten in ihren letzten Lebensmonaten lindern.
Obwohl das Medikament effektiver ist als die Konkurrenz, wird es in Krankenhäusern noch nicht breit eingesetzt. Mithilfe ihres Kollegen Pete Brenner, gespielt von Chris Evans, und ihres exzentrischen Chefs Jack Neel, dargestellt von Andy Garcia, setzt die charmante Liza alles daran, das Medikament in der medizinischen Welt zu etablieren. Doch das reicht ihrem Boss, dem Milliardär Jack, nicht aus. Er möchte das Medikament an noch mehr Menschen verkaufen. Liza, Pete und ihre Kollegen sollen Ärzte dazu überreden, das Medikament auch bei geringeren Schmerzen zu verschreiben. Dabei wird Liza auf die extrem suchterzeugenden Eigenschaften von Fentanyl aufmerksam und erkennt das zusätzliche Leiden, das es vielen Menschen zufügt. Sie erwägt, sich als Whistleblower an die Behörden zu wenden. Doch kann sie das unbeschadet überstehen?
Basieren die Ereignisse in „Pain Hustlers“ auf einer wahren Geschichte?
Der Netflix-Film bedient sich zahlreicher filmischer Elemente, die „Pain Hustlers“ wie eine Dokumentation erscheinen lassen. Figuren werden in Schwarz-Weiß von einer unbekannten Person interviewt, und einige Charaktere sprechen direkt in die Kamera. Dennoch basiert der Film von Regisseur David Yates, bekannt für seine Arbeit an den späteren „Harry Potter“-Filmen, nur sehr lose auf einer wahren Geschichte.
Im Jahr 2018 veröffentlichte der Autor Evan Hughes einen Artikel im New York Times Magazine, in dem er die Machenschaften des Milliardärs John Kapoor und seines Unternehmens Insys beleuchtete. Insys stellte das Medikament Subsys her, ein Spray mit dem Opioid Fentanyl, das ursprünglich nur zur Linderung von Schmerzen bei Krebspatienten zugelassen war. Das Medikament wurde erfolgreich durch sogenannte „Speak-Programme“ unter Ärzten beworben, bei denen Mediziner dafür bezahlt wurden, es ihren Kollegen schmackhaft zu machen.
Ursprünglich sollte das Medikament nur bei Krebspatienten mit starken Schmerzen verschrieben werden. Doch durch hohe Geldsummen als Anreiz und den Charme der Vertriebsmitarbeiter wurde das Schmerzmittel auch für andere Schmerzen empfohlen. Berichten des medizinischen Magazins Statnews zufolge erhielt ein Insys-Vertreter über 700.000 Dollar an Provision für Rezepte von Ärzten, die das Medikament für nicht zugelassene Anwendungen verschrieben.
Die „Speak-Programme“ waren letztendlich Bestechung von medizinischem Personal, bei der die Ärzte das Geld einstrichen und Tausende von Subsys-Rezepten ausstellten, obwohl die Patienten sie nicht benötigten. Im Fall Insys wurde John Kapoor im Jahr 2019 zu 66 Monaten Gefängnis verurteilt wegen Bestechung von medizinischem Personal. Das Unternehmen stimmte außerdem zu, 225 Millionen Dollar zu zahlen, um die straf- und zivilrechtlichen Ermittlungen der Bundesregierung beizulegen, ging jedoch in Konkurs.
Wie hat „Pain Hustlers“ auf Netflix die wahre Geschichte verändert?
Es steht außer Frage, dass der Netflix-Film unterhalten will. Bei einer so düsteren Geschichte ist es jedoch unmöglich, den tatsächlichen Ereignissen exakt zu folgen. Die Geschichte in „Pain Hustlers“ findet sich weder im Artikel von Evan Hughes noch in seinem anschließend veröffentlichten Buch wieder. Keiner der Charaktere im Film stellt eine genaue Darstellung der Mitarbeiter von Insys dar. Darüber hinaus nennt der Film das Unternehmen Insys in seiner Erzählung „Zanna“ und das Medikament „Lonafin“ statt Subsys.
Der Film konzentriert sich auf einen kleinen Ausschnitt in Florida, während das Unternehmen in der gesamten USA vertreten war und die Auswirkungen seiner Machenschaften sich auf den ganzen Bundesstaat erstreckten. Der Film soll eine persönlichere Note haben, weshalb die Geschichte von Lizas kranker Tochter völlig fiktiv ist und auf keinerlei Dokumenten aus dem Fall Insys basiert.
Insgesamt lässt sich sagen, dass „Pain Hustlers“ lediglich lose von Evan Hughes‘ investigativer Arbeit inspiriert ist. Hughes hat sich auf die Auswirkungen und das System der kriminellen Machenschaften von John Kapoor konzentriert, während „Pain Hustlers“ junge Menschen in den Fokus stellt, die vor allem eins wollen: Reichtum. Wer sich für den Insys-Skandal wirklich interessiert, sollte auch Hughes‘ in diesem Jahr veröffentlichtes Buch „The Hard Sell: Crime and Punishment at an Opioide durchlesen.